The Brave

Raphael (Johnny Depp) lebt mit seiner Familie in einer Barackensiedlung auf einer Müllhalde. Er hält sich mit Gaunereien über Wasser, denn Jobs gibt es für ihn und die anderen Bewohner der Müllhalde nicht. Doch dann bekommt er ein Angebot: Der im Rollstuhl sitzende McCarthy (Marlon Brando) bietet ihm 50.000 Dollar, wenn sich Raphael dafür zu Tode foltern lässt. Der junge Mann willigt ein und erhält eine Anzahlung und eine Woche Zeit sich von seiner Familie zu verabschieden. Diese leidet an Zukunftsängsten und ist beherrscht vom Misstrauen Raphael gegenüber, der aufgrund zahlreicher Gefängnisaufenthalte immer wieder seine Familie mittellos zurücklassen musste. Daher beschließt Raphael seine verbleibenden Tage damit zu verbringen, seiner Familie ein wenig Freude und positive Erinnerungen an ihn zu bescheren.

Nachdem Johnny Depps Filmdebüt von amerikanischen Kritikern bei seiner Uraufführung in Cannes zerrissen wurde, entschied der Regisseur, dass sein Erstlingswerk keine Veröffentlichung auf amerikanischem Boden erhalten würde. Er hat bis heute Wort gehalten. Während der Film hierzulande sowohl als VHS, DVD und Blu Ray erschienen ist, muss sich das amerikanische Publikum mit Auslandsimporten begnügen.

Wer Johnny Depps frühere Rollenwahl schätzt, wird kaum überrascht sein, dass er sich für seinen ersten Film eines Themas bedient hat, das nicht unbedingt die Massen anspricht. Amerikanische Ureinwohner sind immer noch die von Armut am stärksten betroffene ethnische Gruppe in den USA. Filmisch wird dieses Problem jedoch kaum aufbereitet, was Depps Werk alleine aufgrund seiner Thematik eine Sonderstellung verleiht.

Erwartet man sich von The Brave einen Film mit extrem grafischer Gewalt, so wird man gnadenlos enttäuscht sein. Johnny Depp ist nunmal nicht Eli Roth und somit wird Raphael nicht Opfer eines schaulustigen Publikums, das darauf hofft blutige Details zu sehen zu bekommen. Statt dessen lässt uns Depp seinen Charakter im Alltag und bei dem Versuch beobachten, die Liebe seiner Familie zurückzugewinnen. Und hier liegt mein Problem mit diesem Film. Raphaels Vorgehen ist bar jeglicher Logik und Weitsicht: eine von Existenzängsten zerfressene Familie wird durch Jahrmarktsgaukeleien wieder versöhnt.

Johnny Depp, der sich in den Großproduktionen, welche auf Fluch der Karibik folgten, gerne bewusst des Overactings bedient, ist in The Brave fast schon als stoisch zu bezeichnen. Wer ihn aus älteren Filmen kennt, weiß, dass der Schauspieler durchaus auch eine ernste Miene aufsetzen kann und diese steht ihm, auch im Fall von The Brave, weit besser als das allzu oft übertriebene Schauspiel, das ihn bei einem breiten Publikum so beliebt gemacht hat.

Die Story selbst wurde mit ruhigen Bildern erzählt und wird nicht von Dialogen beherrscht. Zu Beginn des Films dauert es sogar einige Minuten bis zum ersten Mal gesprochen wird. Das mag für manche Zuseher langweilig sein, ich jedoch fand diese ruhige Erzählweise angemessen. Die gesamte Szenerie ist getränkt von Melancholie. Es wird schnell klar, dass der Held nicht dadurch glänzt, dass er die Bösen zur Strecke bringt, sondern darin, dass er sein Schicksal annimmt und seine Familie auf die einzige Weise unterstützt, die für ihn im Bereich des Möglichen liegt. Daher überrascht es auch kaum, dass der Film in einem Antiklimax endet, welches auf mich eine starke Wirkung hatte und mich betroffen zurückgelassen hat.

Die gesamte Machart von The Brave erinnert stark an Jim Jarmuschs Dead Man, in welchem Johnny Depp auch die Hauptrolle gespielt hat. Um jeglichen Zweifel auszuräumen, dass Depp sich von Jarmuschs Arbeit hat inspirieren lassen, gönnt er Iggy Pop einen kurzen Cameo-Auftritt.

The Brave ist Johnny Depps enthusiastisches Regie-Erstlingswerkt. Dabei beweist er Mut, da er bewusst, sowohl thematisch als auch bei der Wahl seiner Stilmittel, unkonventionell vorgeht. Der Zuseher wird mit einer tieftraurigen und hoffnungslosen Story belohnt, welche gerade wegen des fehlenden Höhepunktes einen gewissen Realismus erzeugt.

  • Originaltitel: The Brave (USA 1997)
  • Altersfreigabe: FSK 16
  • Laufzeit: 123 min.
  • Regie: Johnny Depp
  • Drehbuch: Paul McCudden, Johnny Depp

Besetzung: Johnny Depp, Marlon Brando, Marshall Bell, Elpidia Carrillo …

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